Psychologie im Marketing: Warum Menschen klicken

Warum wir klicken, schauen, teilen und was das für dein Marketing bedeutet
Würdest du diesen Newsletter lesen, hätte er keinen interessanten Titel oder spannenden Einstieg?
Eher nicht. Aufmerksamkeit folgt nicht der Logik, sondern Emotion und Interesse.
Psychologische Mechanismen steuern unser Verhalten, oft ohne dass wir es merken.
Im Marketing entscheidet deshalb nicht nur das beste Produkt oder die sachlichsten Argumente, sondern Framing, emotionale Ansprache und unbewusste Reize.
In diesem Newsletter teilen wir einige Gedanken dazu, warum Menschen klicken, mit Marken interagieren oder Videos bis zum Ende schauen, und wie du das für deine Kommunikation am besten nutzt.
🔑 Schlüsselbegriffe, die wir behandeln
- Open Loops
- Kognitive Belohnung
- FOMO
- Social Proof
- …und mehr
Emotion schlägt Information
Menschen entscheiden mit dem Bauch und rechtfertigen mit dem Kopf.
Studien zeigen: 95 % unserer Kaufentscheidungen laufen unbewusst ab (Zaltman, 2003). Unser Gehirn sucht nach emotionalen Mustern, die Sicherheit oder Zugehörigkeit auslösen, und erst danach liefern wir uns rationale Begründungen.
Trotzdem setzen viele Unternehmen noch auf reine Informationsstrategie: Features, Kennzahlen, Preise. Das Problem: Sie erreichen Menschen nicht dort, wo Entscheidungen wirklich fallen: Auf der emotionalen Ebene.
Emotionen sind der Türöffner zur Aufmerksamkeit.
Das limbische System (Emotion) reagiert schneller als der präfrontale Kortex (Logik) (LeDoux, 1996).
Darum zählt: Wir fühlen zuerst, und denken später.
Wie wird Emotion transportiert?
- Bilder transportieren Atmosphäre
- Musik erzeugt Stimmungserkennung
- Gesichter wecken Empathie, Vertrauen und Aufmerksamkeit. Sie machen Inhalte nicht nur sichtbar, sondern spürbar.
- Farben aktivieren unterschiedliche emotionale Resonanzen
- Sprache erzeugt Nähe, Klarheit oder auch Distanz
Selbst technische Produkte oder komplexe Dienstleistungen lassen sich emotional erzählen.
Beispiel FILMFLUT:
Ein Filmprojekt im Pflegebereich setzte auf persönliche Aussagen, ruhige Bilder und warme Musik. Ergebnis: Hohe Verweildauer, viele positive Rückmeldungen, die Inhalte wirkten „menschlich“ statt nur sachlich.
Fazit: Emotion ist keine Spielerei, sie ist Strategie

Neugier ist kein Urtrieb, sondern ein grundlegender Überlebensmechanismus
Neugier ist kein Spieltrieb, sondern ein Überlebensmechanismus.
Neurowissenschaftlich betrachtet entsteht sie, wenn wir eine kognitive Lücke wahrnehmen. Das heißt wir wissen etwas nicht, könnten es aber erfahren (Loewenstein, 1994).
Kurz: Unwissen macht unruhig, Wissen beruhigt.
Im “Marketing-Sprech“ heißt das: Hooks schaffen Spannung.
Das funktioniert am besten durch sogenannte „Open Loops", ****also bewusst offen gelassene Aussagen oder Fragen, die eine mentale Lücke erzeugen.
Beispiele für Open Loops:
- „Warum die meisten Imagefilme niemanden interessieren und wie man das ändert.“
- „Diese eine Frage entscheidet, ob dein Video floppt oder viral geht.“
- „Wie wir mit einer simplen Szene 70 % mehr Aufmerksamkeit erzielten.“
👉 Solche Formulierungen wecken den Drang, die Lücke zu schließen. Der Klick wird zur kognitiven Belohnung (Kang et al., 2009).
Genau deshalb sollte bewusst mit narrativen Mitteln gearbeitet werden, die Fragen aufwerfen.
Wichtig: Stelle Fragen statt Antworten zu liefern. Mach dein Publikum neugierig, nicht satt.

Verknappung und FOMO
In einer Welt voller Content, Angebote und Reize ist Aufmerksamkeit die knappste Ressource.
Hier greift das Scarcity-Prinzip: Dinge wirken wertvoller, wenn sie begrenzt sind (Cialdini, 2001).
Verstärkt wird das durch Loss Aversion: Wir fürchten Verluste stärker, als wir Gewinne wollen (Kahneman & Tversky, 1979).
Im digitalen Marketing übersetzt sich das in FOMO: Fear of Missing Out.
Limitierung erzeugt Handlungsdruck
Verknappung funktioniert besonders gut, wenn sie zeitlich oder mengenmäßig kommuniziert wird:
- „Nur noch heute: Exklusiver Zugang zur Beta-Version.“
- „Noch 5 freie Plätze für das Workshop-Wochenende.“
- „Bewerbungsfrist endet in 72 Stunden.“
Solche Aussagen aktivieren das „Jetzt oder nie“ Gefühl. Unser Gehirn interpretiert das nicht nur als Reiz, sondern auch als sozialen Hinweis, dass etwas begehrt oder wichtig ist, sonst wäre es ja nicht limitiert. Wichtig dabei: Glaubwürdigkeit ist alles. Wer künstlich verknappt und diese Verknappung später aufhebt oder wiederholt, riskiert Vertrauensverlust. Die Balance entscheidet.
Social Proof: Vertrauen entsteht durch andere
Menschen vertrauen Meinungen anderer mehr als Eigenwerbung. So entstand Social Proof.
Das Prinzip Social Proof bedeutet: Wir orientieren uns an Handlungen anderer, besonders bei Unsicherheit. Wenn viele Menschen etwas positiv bewerten, gehen wir davon aus, dass es gut ist.
Im B2B-Umfeld sind echte Stimmen entscheidend:
- Kundentestimonials
- Mitarbeitervideos
- Partnerinterviews
- Ehrliche Einblicke in Fehler & Lösungen
Wir setzen Testimonials und Mitarbeitervideos so um, dass sie authentisch und spürbar wirken. Es soll keine Fassade sein, sondern echte Emotion zeigen. - Gianni, Marketingmanager bei FILMFLUT
Social Proof entsteht erst, wenn er gesehen wird!
Glaubwürdigkeit lässt sich nicht behaupten, sie muss erlebt werden. Social Proof funktioniert nur, wenn Stimmen als echt und sichtbar wahrgenommen werden. Testimonials, Mitarbeitervideos oder Partnerinterviews entfalten ihre Wirkung weniger im Meetingraum, sondern dann, wenn sie geklickt, geteilt und emotional wahrgenommen werden.
Fazit: Social Proof wird erst dann zum Hebel, wenn er im Feed oder auf der Landingpage stattfindet.

Klarheit schlägt Fachsprache
Wenn nicht sofort klar ist, worum es geht, klickt niemand. Punkt.
Zusammenfassung
Menschen klicken nicht auf Logos, nicht auf nackte Fakten, sie klicken auf Geschichten, Gefühle, Versprechen und Lösungen. Genau das macht den Unterschied zwischen Inhalten, die gesehen und geteilt werden, und solchen, die unbeachtet bleiben.
Wer die psychologischen Mechanismen hinter dem Klickverhalten versteht, hat einen klaren Vorteil: Er kann Inhalte gezielter gestalten, Botschaften wirksamer kommunizieren und vor allem echte Verbindungen zu seinem Publikum aufbauen.
Hier noch einmal die fünf wichtigsten Prinzipien im Überblick:
- Emotionen aktivieren Entscheidungen: Gefühle sind der Türöffner für Handlungen, denn erst durch Emotionen entsteht echtes Interesse.
- Neugier schafft Aufmerksamkeit: Fragen wecken den Wissensdurst und motivieren zum Klicken und Dranbleiben.
- Verknappung bringt Bewegung: Echte Zeitfenster und limitierte Angebote lösen den Impuls aus, sofort zu handeln.
- Soziale Beweise schaffen Vertrauen: Menschen vertrauen Menschen, authentische Stimmen stärken die Glaubwürdigkeit.
- Klarheit erzeugt Wirkung.
Am Ende gilt: Marken entstehen nicht zufällig, sie werden gemacht.
Quellen:
- Zaltman, G. (2003). How Customers Think: Essential Insights into the Mind of the Market. Harvard Business School Press.
- LeDoux, J. (1996). The Emotional Brain: The Mysterious Underpinnings of Emotional Life. Simon & Schuster.
- Gobé, M. (2001). Emotional Branding: The New Paradigm for Connecting Brands to People. Allworth Press.
- Loewenstein, G. (1994). The psychology of curiosity: A review and reinterpretation. Psychological Bulletin, 116(1), 75–98.
- Kang, M. J., Hsu, M., Krajbich, I. M., Loewenstein, G., McClure, S. M., Wang, J. T. Y., & Camerer, C. F. (2009). The wick in the candle of learning: Epistemic curiosity activates reward circuitry and enhances memory. Psychological Science, 20(8), 963–973.
- Cialdini, R. B. (2001). Influence: Science and Practice. Allyn & Bacon.
- Kahneman, D., & Tversky, A. (1979). Prospect Theory: An Analysis of Decision under Risk. Econometrica, 47(2), 263–291.
- Cialdini, R. B. (2001). Influence: Science and Practice. Allyn & Bacon.
- Nielsen (2021). Trust in Advertising Study. [Global Report].
- Microsoft (2015). Attention Spans Research Report
- Heath, C., & Heath, D. (2007). Made to Stick: Why Some Ideas Survive and Others Die.